10. Mai 2022
Ein Unternehmen zu gründen ist herausfordernd – keine Frage. Doch bis wohin geht der gesunde Respekt und wo fängt die lähmende Angst an? Nicolas Dietiker, Unternehmer und Wachstumspartner für KMU, diskutiert diese Frage anhand der 5 häufigsten Gründungsängste.
«Fear doesn't prevent death. It prevents life. »
Buddha
Der Wecker klingelt viel zu früh. Dreimal gesnoozed, immer noch müde, dennoch irgendwie aus dem Bett gehievt. Minuten später bereits im Bus – selber Sitz wie immer. Am Bahnhof Umstieg in den üblichen Wagon der komplett überfüllten «S XY». Um 08:00 Uhr im Büro die Post geholt, dem nervigen Kollegen gekonnt ausgewichen, dann ab ins «Monday Morning Meeting» – wie immer.
Ich bin ein offenkundiger Morgenmuffel. Einige mögen mit mir fühlen, andere stört an der oben beschriebenen Szene vielleicht eher die Routine oder das suboptimale Umfeld. Für mich waren dies die wichtigsten drei Gründe, weshalb ich mich vor sieben Jahren nach einer Selbständigkeit sehnte. Auf der anderen Seite der Medaille waren da natürlich auch Risiken – vielleicht auch Ängste – welche gegen das Unternehmertum sprachen.
Die Identifikation von Ängsten ist eine Voraussetzung für deren Abbau. Ziel der folgenden Zeilen ist es, in einem ersten Schritt Ängste zu erkennen und ggf. abzubauen. In einem zweiten Schritt werde ich ausgewählte Strategien teilen, welche zu mehr Klarheit bei der Entscheidungsfindung führen können.
Ok, wenn ich ganz ehrlich bin, ist es auch mein Ziel, den Einen oder Anderen von der Routine zu erlösen und damit den Snooze-Button zu entlasten. Damit Du dir darüber zielführende Gedanken machen kannst – respektvoll aber angstfrei – hier die ersten drei von fünf Ängsten:
Angst Nr. 1: Angst vor Misserfolg
Was ist Erfolg überhaupt für mich? Was brauche ich wirklich im Leben? Und was kann mir schlimmstenfalls passieren? Genau diese Fragen musst Du dir vor der Kündigung stellen – unbedingt. Denn so wird das Risiko kalkulierbar und die Angst schwindet.
Für mich persönlich bedeutet Erfolg, dass ich täglich mit guten Leuten etwas erleben und entwickeln kann. So lange ich das tun kann, bin ich grundsätzlich glücklich. Natürlich brauche ich aber mindestens X Franken im Jahr zum Überleben. Wieviel ist X bei dir? Hast Du eine teure Hypothek? Kinder? Und wie viele Monate hättest Du Zeit und Budget für den Aufbau?
Mein Tipp: Leg mal alle Karten auf den Tisch und besprich dein Vorhaben mit zwei bis fünf engen Vertrauten. Mach ein Best-, Base- und Worst-Case Szenario. Wenn das Ganze in einer pragmatischen Analyse, abhängig von gewissen Variablen wie «Anzahl Neukunden» oder «Jahresumsatz pro Kunde», gipfelt, bist Du auf dem richtigen Weg. Wenn Du hingegen keinen Plan hast wo anzufangen, wirkt das Ganze undurchsichtig und beängstigend – verständlicherweise. In diesem Fall solltest Du mit einem erfahrenen Unternehmer sprechen, der die richtigen Fragen stellt und dir so hilft, deine Erfolgs-Chancen abzuschätzen.
Angst Nr. 2: Angst vor Kritik und Häme
Du persönlich könntest ja ganz gut mit Misserfolg umgehen, wenn da nur nicht die sarkastischen Stimmen deines Umfelds wären? Diese Angst ist genauso einfach erkenn- wie abbaubar:
Nur frustrierte, erfolglose Menschen machen sich über gescheiterte Freunde lustig. Da wir immer der Durchschnitt der fünf Leute sind, mit denen wir die meiste Zeit verbringen, ist mein Tipp: Aussortieren! Wer immer sich zwischen dich und dein Glück stellt, der muss da weg. Denn das ist kein Freund, sondern ein Hindernis.
Meine persönliche Erfahrung ist, dass meine besten Freunde auch meine härtesten Kritiker sind. Denn Kritik ist absolut essenziell, wenn sie gut gemeint und konstruktiv formuliert ist. Wer jedoch selber nicht den Mut hat, sein Glück zu verfolgen, und darum auch Dich mit destruktiven Bemerkungen versucht davon abzuhalten, den solltest du meiden.
Falls du jetzt ungern mit dem Rotstift durch dein Telefonbuch gehen möchtest, kann ich dich beruhigen: Du wirst auf dem Weg in die Selbständigkeit etliche spannende Leute kennenlernen. Halte dich einfach vermehrt an die und melde dich immer seltener bei den «Hindernissen». Angst behoben – Problem gelöst!
Angst Nr. 3: Angst vor unwiderruflichen Entscheidungen
«Wenn ich jetzt kündige, MUSS es funktionieren, denn es gibt keinen Weg zurück!!» – Du?
Wenn dieses Zitat von dir sein könnte, hast Du Angst vor unwiderruflichen Entscheidungen. Doch wie unwiderruflich sind die denn wirklich?
Wenn Du deinem Team ehrlich und transparent erklärst, dass Du schon lange diese Idee hast und einfach wissen MUSST, ob Du sie verwirklichen kannst; wenn Du deine Projekte sauber übergibst und dich von Zeit zu Zeit meldest; wenn Du dich schlichtweg von A-Z korrekt verhältst; meinst Du wirklich, dass Du dann nie wieder zurückkehren könntest?
Meine Erfahrung: People first! Egal ob deine Freunde selbständig oder unter Vertrag sind: Pflege und entwickle dein Netzwerk aktiv und es wird dich auffangen, wenn Du mal stolperst.
So, ich hoffe dieser erste Teil war für den Einen oder Anderen hilfreich.
Hast Du eine Frage oder einen Kommentar zum Thema? Brauchst Du eine Zweitmeinung zum Abschätzen deiner Erfolgs-Chancen? Schreib mir doch einfach auf LinkedIn. Ich freue mich über neue Kontakte. Unser IFJ Startup Support unterstützt dich bei deinem Gründungsvorhaben gerne weiter.
Quelle: Newsletter Institut für Jungjungernehmen (IFJ)